Neue Stadtbibliothek, Brixen
Neubau der Stadtbibliothek Brixen unter Einbeziehung historischen Gebäudebestands
Ein Projekt in Arbeitsgemeinschaft mit Prof. Volker Kleinekort, Landschaftsarchitektur: Johannes Böttger Büro Urbane Gestalt
Tragwerksplanung: osd
Wettbewerb 2010
Architektur und Städtebau
Die Architektur der neuen Stadtbibliothek von Brixen begreift sich als Teil eines größeren Ensembles, das über Jahrhunderte gewachsen die Identität der Stadt Brixen wesentlich prägt. So ist es selbstverständlich den Charakter der Bestandsgebäude zu erhalten. Mehr noch interpretiert der Neubau die Architektur dieser Gebäude und setzt sie in ihrer Struktur typologisch fort. Dies ermöglicht eine einheitliche Gestalt des Dombezirks, wie der Bibliothek in Ihrer über mehrere Gebäude verteilten Ganzheit – ein größeres Ganzes entsteht.
Freiräume
Neben dem hinzugefügten Gebäude orientieren auch die neu geschaffenen Freiräume der Bibliothek am baulichen Kontext. Ein urbaner Eingangshof ist sowohl durch eine Passage vom Domplatz her erreichbar, wie von der Brunogasse. Der Hof wird zum Bindeglied, zum Ort der Durchdringung zwischen Stadt und Bibliothek. Komplementär dazu entwickelt sich der Lesegarten nicht unähnlich einem Klostergarten als ruhiger, kontemplativer Außenraum mit gärtnerischem Akzent.
Erdgeschoss
Unter Einbeziehung beider Außenräume befindet sich die Eingangshalle im Zentrum des neuen Bibliothekskomplexes. Durch die Öffnung über mehrere Etagen erhält man von hier aus einen unmittelbaren Überblick. Es eröffnen sich zahlreiche Blickbeziehungen, die dem eintretenden Besucher Orientierung vermitteln. Unverwechselbare Räume tragen dazu bei, dass der Besucher auch im Weiteren eine gute Übersicht behält. Neben Ausleihe, Rückgabe und Infothek liegen der Veranstaltungs- sowie der als Lesecafe konzipierte Zeitschriftenraum im Erdgeschoss des Neubaus. In Verbindung mit den im Gerichtskeller vorgesehenen dienenden Funktionen, wäre eine längere Öffnungszeit für das Erdgeschoss problemlos möglich.
Obergeschosse
Die klassische Bibliotheksnutzung beginnt im ersten Obergeschoss. Der Neubau nimmt hier die Stöberzone und die Belletristik auf. Im Gerichtsgebäude ist auf gleichem Niveau die Kinderbibliothek untergebracht, welche unmittelbar an die Ludothek anschließt, womit ein großer zusammenhängender Bereich für Kinder mit eigenem Charakter geschaffen wird. Das ex-Finanzgebäude ist in den beiden unteren Geschossen für Besucher nur eingeschränkt nutzbar, da sich hier die internen Büros befinden. Die beiden oberen Geschosse dieses Altbaus werden über das dazwischen liegende Podest der bestehenden Treppe an das 2. Obergeschoss des Neubaus sowie barrierefrei durch den Durchladeaufzug angebunden. Im 2. Obergeschoss des ex-Finanzgebäudes ist der Jugendbereich angesiedelt, ein Geschoss darüber (Dachgeschoss) der Musik- und Filmbereich. Das Dachgeschoss bietet für diesen 50 m2 großen Bereich genügend Kopfhöhe, sodass der Dachstuhl nicht angehoben werden muss. Im Kontrast zu diesem dennoch niedrigen Dachraum, steht das großzügige 2. Obergeschoss des Neubaus, das ebenfalls bis unter das Dach reicht. Dort findet mit den Sachmedien die größte Funktionseinheit ausreichend Raum.
Vielfältige und flexible Räume
Eine breite Bücke überwindet die Schlucht der Eingangshalle. Wie im schon im 1. Obergeschoss bietet sich dieser Bereich zum Lesen an, falls es einem nicht zu lebendig ist. Einmal kann es inspirierend sein, ein anders Mal ist es vielleicht störend. Für all diejenigen, die absolute Ruhe wünschen, bietet der Veranstaltungsraum im Erdgeschoss tagsüber eine Rückzugsmöglichkeit. Die dreidimensionale Eingangshalle ist schließlich auch für Events (Lesungen) oder Ausstellungen nutzbar, wobei betont akustische Veranstaltungen tendenziell eher im Veranstaltungsraum oder aber Zeitschriftenraum stattfinden werden. Die Stadtbibliothek von Brixen soll ein Knotenpunkt des öffentlichen Lebens der Stadt werden – ein Treffpunkt für alle, die Interesse an Büchern oder weiteren Medien haben.
Konstruktion, Wirtschaftlichkeit, Haustechnik
Große Öffnungen in den Wänden machen von außen neugierig auf das Innere und kennzeichnen den Neubau als öffentlich. Die lotrechte Wandkonstruktion ist dabei konventionell massiv zweischalig. Innen Stahlbeton, 12 cm Wärmedämmung, außen geschlämmtes Mauerwerk. Wand-, Decken- und Dachkonstruktion sind hinsichtlich eines Raumklimas optimiert, welches die Raumlufttemperatur in relativ engen Grenzen konstant hält. Um die hohen Kosten einer Klimaanlage zu meiden wird ein alternatives Konzept vorgestellt, durch das die raumklimatischen Verhältnisse mit größtmöglicher Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz bereitgestellt werden. Zur Reduzierung des Außenlufteintrags in das Gebäude, der als Störgröße zu sehen ist, wird nur der hygienisch notwendige Mindestluftwechsel über ein zentrales RLT-Gerät mit zweistufiger Wärmerückgewinnung eingebracht. Durch die Wärmerückgewinnung wird der zur Beheizung der Luft erforderliche Primärenergieeinsatz minimiert. Der Lufterhitzer wird durch Fernwärme versorgt. Die eigentliche Behandlung der Raumluft erfolgt direkt in den jeweiligen Bereichen über dezentrale Klimaboxen, die u.a. in aufgedoppelten Wänden angeordnet werden. Durch die dezentrale Anordnung werden Verteilungsverluste und Technikflächen minimiert. Der Energieausgleich der entsteht, indem Überschusswärme aus den zu kühlenden Räumen anderen Bereichen mit Wärmebedarf zur Verfügung gestellt wird, reduziert den Energieaufwand und somit die Betriebskosten. Das Ziel einer möglichst konstanten Raumtemperatur wird baulich durch die Vermeidung eines direkten
solaren Strahlungseintrags sowie durch die thermische Speicherkapazität der Bauteile in massiver Betonbauweise unterstützt.