Altstadtquartier Büchel, Aachen
Stadtumbau im zentralen Altstadtbereich Aachens
Projektpartner: mijaa architektur
Wettbewerb 2015
Würdigung
Bruttobauland 9.500 qm
BGF Wohnen 15.361 qm
BGF Einzelhandel 4.684 qm
BGF Hotel 5.000 qm
BGF Laufhaus 3.000 qm
BGF Kita 770 qm
BGF gesamt 29.283 qm
Der Entwurf für das Altstadtquartier Büchel basiert im ersten Schritt auf einer Qualifizierung der historischen Straßenverläufe. Hiermit geht eine Aufwertung der bestehenden Straßenzüge einher. Die stadträumliche Besonderheit des historischen Büchel-Verlaufs wird wieder erkennbar, wenn auch der westliche Abschluss im Nachkriegszuschnitt verbleibt. Grundsätzlich wird die Überlagerung verschiedener zeitlicher Schichten im Stadtgrundriss im Sinne einer authentischen Vielfalt positiv bewertet.
Aus dieser Perspektive werden nicht nur ehemals bedeutsame Fluchten nachgezeichnet, bzw. verstärkt, wo es sinnvoll erscheint, sondern im zweiten Schritt ebenso neue Setzungen vorgenommen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die neue innere Durchwegung des Quartiers, welche den isolierten Charakter einiger Teilbereiche des Quartiers zu überwinden vermag. In Fom eines X durchkreuzen 2 diagonal verlaufende Wegeachsen das Areal. Beide Wege beginnen im Süden am Büchel. Dieser avanciert innerhalb der Aachener Altstadt zu einer markanten Adresse und übernimmt damit auf selbstverständliche Weise die namengebende Funktion für das neue Altstadtquartier.
Die erste Diagonale beginnt am westlichen Büchel und zieht sich von dort aus entsprechend des Thermalquellenzugs nach Nordosten zum Bädersteig mit Anbindung an den neuen Bushof. Über die Querung der Mefferdatisstraße auf Höhe des Bädersteigs kann die isolierte Lage auf der Rückseite des ehemaligen Horten-Kaufhauses überwunden werden.
Die zweite Diagonale beginnt am östlichen Büchel unter Einbeziehung und Erhalt der Nachkriegsbebauung, welche mittels eíner Brandwand an das heutige Parkhaus anschließt. Bereits erkennbar vom Holzgraben aus entwickelt sich diese Wegeachse nach Nordwesten. Eine Passage durch den Londoner Hof erlaubt eine Anbindung an die Kleinkölnstraße. Von großer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Querung der Antoniusstraße, welche an dieser Stelle südlich des Londoner Hofs eine Aufweitung erfährt. Querung wie Aufweitung erleichtern die als notwendig erachtete Neudefinition der Antoniusstraße mit der Zielsetzung, die bisherige Widmung aufzubrechen. Der Sonderstatus entfällt und die Straße wird über die verbesserte Anbindung in die Altstadtstruktur integriert.
Der Stadtraum der Aachener Altstadt wird durch konisch zulaufende Straßen und Plätze geprägt. Die öffentlichen Räume des neuen Quartiers werden aus dieser »Syntax der Altstadt« entwickelt und fügen den zahlreichen Schichten der Aachener Altstadt eine weitere hinzu. Die Straßenräume des Quartiers weiten sich an Stellen großer baulicher Dichte, verjüngen sich und dynamisieren den Straßenraum an den Zugangsorten zum Quartier und bilden über konische Aufweitungen am Kreuzungspunkt der beiden Hauptrichtungen die zentrale Platzaufweitung des Quartiers. Der Stadtraum ist also nicht, wie so häufig, »Restraum« als Ergebnis maximaler Parzellenausnutzungen, sondern formt primär die Figur des Gemeinschaftsraumes des Quartiers sowie daraus folgend den Quartiersausdruck.
Das neue Wegesystem stellt eine kleinteilige Körnung des neuen Quartiers her. Im engeren Wettbewerbsgebiet entstehen 4 Schollen mit unterschiedlichem Charakter. Alle Schollen sind nach dem Prinzip eines geschlossenen Blockrands organisiert, was bei den zum Teil geringen Tiefen zu einer fast vollständigen Bebauung der Grundstücksfläche führt. So entstehen im Norden und Süden für Altstädte nicht untypische Sonderformen – im Westen und Osten dagegen klassische Blockränder.
In der westlichen Scholle werden Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss vorgeschlagen, dessen im Hof liegende Dachfläche genügend Raum für die Außenspielfläche der vorgesehenen KITA bietet. Diese ist im Bereich Nikolausstraße/Antoniusstraße in die Blockrandbebauung integriert und wird über das hoch liegende Geländeniveau der Ecke erschlossen.
Die östliche Scholle integriert vollständig die bestehende Bebauung im Bereich Büchel/Mefferdatisstraße und sieht erdgeschossig neben Gastronomie und kleinteiligem Einzelhandel auch Wohnen im Hochparterre vor. Der Hof im Innern ist nicht unterbaut und lässt damit eine großzügige Begrünung mit Bäumen zu.
Die nördliche Scholle ist von besonderem Zuschnitt und stellt über die Integration des Laufhauses bereits eine Sonderform dar. Die Problematik der ungeliebten Nachbarschaft des Laufhauses wird mittels des „Back to Back-Prinzips“ gelöst. Das als Option vorgesehene Hotel umfasst das Laufhaus auf diese Weise von zwei Seiten und erhält auf der Südseite am Kreuzungspunkt der beiden Diagonalen einen Zugang mit „neutraler“ Adresse.
Die südliche Scholle ist aufgrund des kleinen Zuschnitts vollständig überbaut. Durch die solitäre Lage ergibt sich hier der ideale Standort für das Geschäftshaus, welches über 4 Geschosse eine zusammenhängende Verkaufsfläche anbietet. In den beiden obersten Geschossen befinden sich Wohnungen, die über ein zentrales Treppenhaus erschlossen werden. Im Dachgeschoss legen sich die Wohnungen um eingeschnittene, eingeschossige Höfe. Nicht einsehbare und absolut private Außenräume entstehen und belichten auch nach Norden zur Stadt ausgerichtete Wohnungen wiederum von Süden. Beidseitig belichtete Wohnräume entstehen. Die darunter liegenden Wohnungen profitieren von doppelgeschossigen Wohnräumen. Diese bringen das einfallende Licht tief in die Wohnungen hinein und leiten den Blick auf die Dach- und Turmlandschaften der Aachener Alstadt.
Im Allgemeinen werden vielfältige zweiseitig orientierte Wohnungen im angeboten. Beide Qualitäten, die der steinernen, urbanen Stadt sowie der privaten, ruhigen und stark durchgrünten Innenhöfe und Innenhoffassaden prägen die Qualität der Wohnungen. Große Loggien bieten angesichts der städtischen Dichte der Altstadt einen angemessenen Schutz vor Einsehbarkeit und bieten jeder Wohnung ein außenliegendes Zimmer. Einseitig orientierte Einliegerwohnungen, welche mit den anlagernden, größeren Wohnungen zusammengeschlossen werden können, erhalten über eine Fassadenfaltung oder eine Loggia eine zweite Blickrichtung.
Zusammen mit den Flächen des weiteren Wettbewerbsgebiets entsteht ein stark durchmischtes lebendiges Innenstadtquartier mit Wohnraum in verschiedenen Preislagen. Die belebte Dachlandschaft lässt an vielen Stellen einen Blick auf den unweit gelegenen Dom zu.